Stippvisite im "Urwald von morgen"

Mit dem Förster im Wald ... im Bannwald "Steinhäusle"

In den "Urwald von morgen" entführte Revierförster Marco Astfalk 45 neugierige Waldfreunde, die  sich über dieses Kleinod in seinem Forstrevier Kirchenkirnberg - zwischen Murrhardt und Kaisersbach - informieren und es hautnah erleben wollten.

 

"Eigentlich sieht's hier gar nicht so schlimm aus wie erwartet", so der überraschte wie wohlmeinende Kommentar eines Privatwaldbesitzers aus der Umgebung nach dem ereignisreichen Waldbegang an einem lau-feuchten Sommerabend.

 Doch der Reihe nach:

Von der Trögleshütte unterhalb Kirchenkirnberg aus macht sich die bunt gemischte Wandergruppe auf zum alten Schlittenweg, auf dem früher im Winter Brennholz von Nestelberg zum Ebnisee transportiert wurde, um von dort gen Stuttgart geflößt zu werden. Damit konnten die herzoglichen Schlösser gewärmt werden, da die Wälder um Stuttgart im 18. Jahrhundert völlig ausgeplündert waren. Heute führt der ehemalige Schlittenweg geradewegs durch den 1970 als einer der ersten gegründeten Bannwald.

"Damals war das Naturdenkmal "Steinhäusle" der Ausgangs-punkt, um den herum ein 22 Hektar großer Wald zum Bannwald erklärt wurde", weiß Revierförster Marco Astfalk. "Vor einigen Jahren wurde er dann auf knapp 54 Hektar in der Größe mehr als verdoppelt." Zunächst will er von den Teilnehmer/innen wissen, was sie sich denn unter einem Bannwald überhaupt vorstellten.  "Der Natur überlassen", war eine der meist schon recht treffenden Antworten.

 

Tatsächlich wird im Waldgebiet "Steinhäusle" - heute als Naturschutzgebiet nach dem Naturschutzgesetz und als Bannwald nach dem Landeswaldgesetz sogar doppelt unter Schutz gestellt - gar  keine Forstwirtschaft mehr betrieben.

"In erster Linie dient diese Ausweisung dem Schutz eines besonderen, aber für diese Keuperlandschaft typischen Buchen-Tannenwaldes", erklärt der Revierleiter. "Ein ganz wichtiger Grund ist aber, Wälder exemplarisch über sehr lange Zeiträume zu beobachten und ihre natürliche Entwicklung zu studieren." Deshalb darf hier auch von uns nichts verändert, also keine Pflanzen und Tiere entnommen werden. Darum herrscht auch strenges Wegegebot. "Und was heißt das für mich als Pilzsammlerin?" will eine Teilnehmerin wissen. "Dass Sie die Pilze einfach nebenan im Wirtschaftswald sammeln sollen", so die schmunzelnde, aber  unmissverständliche Antwort.

Je tiefer die Gruppe in den Bannwald kommt, umso deutlicher erkennt sie die natürlichen Entwicklungsprozesse: umgefallene Bäume, Wurzelteller, Löcher, die Spechte auf der Suche nach Borkenkäfer ins Holz gehämmert hatten. Und auch der durchwanderte dichte Buchenwald ruft Staunen hervor. "Von Natur aus ist die Buche hier dominant. Sie kann, wie kaum eine andere Baumart, im eigenen dunklen Schatten ihren Nachwuchs "erziehen. Dass sie jede Lücke mit ihrer plastischen Krone sofort schließt und anderen Baumarten so das Licht nimmt, macht sie hier so konkurrenzstark  ", weiß Marco Astfalk. "Deshalb geht die natürliche Waldentwicklung hier zu Buchenbeständen". Nur wenn eine dicke Buche im hohen Alter langsam abstirbt und schließlich umstürzt, gibt es eine kleine Fläche, auf der genügend Licht auch für andere Baumarten ist. "Die Eiche als Lichtbaumart hätte auf diesem Standort am Nordhang kaum eine Chance".  Weltweit sind Buchenwälder eine Seltenheit und werden daher durch die europäische Flora-Fauna-Habitat (FFH)-Richtlinie besonders geschützt.

Mittlerweile setzt ein kräftiger warmer Regenschauer ein und überrascht manchen, der Jacke und Regenschirm aus überschäumendem Optimismus im Auto gelassen hat. Die mitwandernde Bürgermeisterin vom nahen Kaisersbach, Katja Müller, zeigt sich wetterfest und ist am Ende eine der wenigen, die den jetzt doch ziemlich rutschigen Weg ganz ohne unfreiwilligen Bodenkontakt schafft. Nach kurzer Eingewöhnung ("Wir sind ja nicht aus Zucker") hat diese Regenatmosphäre aber etwas Geheimnisvolles. Diese Eindrücke werden dadurch verstärkt , dass es nun im Regendunkel steil bergab geht, zum Höhepunkt der Wanderung, dem "Steinhäusle". "Jetzt wissen Sie, woher dieser Name stammt", lacht Astfalk, als sich alle unter das schützende Regendach der Sand"Steinhäusle"-Höhle drängen.

 

Nach vielen, wegen der dunklen Regenwolken nicht ganz so optimal belichteten Fotos führt des Försters braver Jagdhund Aron seine "Meute" wieder auf einen festen Weg. "Bis hierher", erklärt der Revierleiter, "wurde der Bannwald vergrößert. "gut für Wanderer, die den Bannwald dann von hier leicht erreichen und genießen können."

Und wie im Flug sind zwei Stunden Wanderzeit vergangen, alle Expeditionsteilnehmer/innen wohlbehalten und gut gelaunt an der Trögleshütte zurück, und  angetan von den vielen Eindrücken und neuen Erkenntnissen aus diesem "Urwald von Morgen".

 

Luftbild Bannwald und Naturschutzgebiet Steinhäusle