Das traditionelle Köhlergewerbe

Vortrag von Prof. Dr. Manfred Krautter bei  der SDW-Jahresversammlung

 

Die Tradition der Köhlerei reicht bis ins späte Mittelalter zurück und geriet mit der Einführung "moderner" Energiequellen wie Kohle und später Öl in Vergessenheit. Diesen Erfahrungsschatz wiederzubeleben , darum dreht sich der Vortrag des Präsidenten des Köhlervereins Schwäbischer Wald, Prof. Dr. Manfred Krautter.


Prof. Manfred Krautter: "Alte Waldgewerbe wiederbeleben!"
Prof. Manfred Krautter: "Alte Waldgewerbe wiederbeleben!"

Mit großer Leidenschaft ist der hauptberufliche Professor der Geologie Manfred Krautter bei der Sache, wenn es um alte Waldgewerbe geht.

Vor einigen Jahren war er derjenige, der den Versuch wagte, wie die Glashütten im Mittelalter, etwa in Spiegelberg, Glas zu schmelzen, was auch gelang. "Hängen geblieben" ist er dann aber bei der Holzköhlerei, die er - neben seinen vielen ehrenamtlichen Engagements als Naturparkführer, Pilz-Sachverständiger, Seifensieder oder Wegbereiter eines Meeres-Nationalparks vor der kanadischen Küste - mit viel Herzblut betreibt.

Mit einer Gruppe von Engagierten gründete er darum vor einigen Jahren den Köhlerverein.

Mit ebenso einfachen wie einleuchtenden Fragen wie "Was ist eigentlich Holzkohle? Welche Vorteile hat sie gegenüber Holz? Wozu wurde und wird sie denn überhaupt gebraucht?" holt er die Zuhörer ab.

Manfred Krautter erklärt:"Durch Luftabschluß und bei Erhitzung auf 275°C wird die so genannte "Pyrolyse" angestoßen, bei der sich das Holz dann von selbst auf bis zu 400°C erhitzt. Bei diesem Prozess verbrennen leicht flüchtige Bestandteile des Holzes; übrig bleibt die leichte, aber energiereiche Holzkohle und frei werden dabei  Rauchgase, die heute in der chemischen Industrie weiterverwendet werden."

Die meisten kennen Holzkohle heute als Grillkohle, dabei wird sie auch in der Pharmazie, als Aktivkohle zur Wasserfiltrierung, aber auch als Poliermittel für Metalle oder als Bestandteil von Schwarzpulver verwendet. Künstler schätzen sie als Zeichenkohle. Vor der Entdeckung von Kohle, Erdgas und Öl war sie eine wichtige Energiequelle. Da Brennholz damals aus den kaum erschlossenen Wäldern sehr schwer zu transportieren war, Holzkohle aber um ein Vielfaches leichter, war dieser in der Eisenverhüttung und beim Salzsieden ein unentbehrlicher Energieträger. "Heute wird die Kohle - ganz unromantisch - in riesigen Retortenöfen hergestellt," stellt der Professor trocken fest.

Der überwiegende Anteil der heute weltweit produzierten Kohle komme nach seinen Recherchen aus Paraguay (51.000 Tonnen), Argentinien (27.000 Tonnen) und Polen (17.000 Tonnen). "Die Chance, dass Sie beim Einkaufen Ihrer Grillkohle solche aus dem Raubbau von Regenwäldern bekommen, ist daher groß," warnt Prof. Krautter.

"Um die Köhlerei erlebbar zu machen", fährt er fort, "haben wir vergangenen Sommer den nunmehr fünften Kohlenmeiler errichtet. Nach mehreen Standortswechseln sind wir nun auf dem Schautenhof, dem "Ziegenhof Kohl", der einem Vereinsmitglied gehört, "seßhaft" geworden."

Sehr lebendig zeigt er mit einer Lichtbild-Präsentation die Vorbereitung, den Aufbau, das Abbrennen des Kohlenmeilers.

"Und wenn alles eine Woche gut läuft, werden wir mit erstklassischer und umweltfreundlicher Holzkohle belohnt." weiß der Köhlervereinspräsident.

 

Sehr wichtig ist ihm, dass die interessierte Öffentlichkeit diesen ganzen Vorgang auf dem Schautenhof  live miterleben kann, wenn die Vereinsmitglieder den Kohlenmeiler eine Woche lang - Tag und Nacht - betreuen. "Die meisten Interessierten kommen beim Aufbau zu Beginn und bei der Holzkohlen-Ernte am Ende," schmunzelt er, "dann herrscht bei uns Volksfeststimmung mit Gegrilltem und allem was dazu gehört".

 

Jahreshauptversammlung

Guter Brauch ist es mittlerweile geworden, dass Kreisverbandsvorsitzender Dr. Gerhard Strobel mit einer Lichtbildvortrag das vergangene Jahr revue passieren liess:

Unter dem Motto "Remstal-Gartenschau 2019" legte die SDW Rems-Murr im ablaufenden Jahr den Schwerpunkt in Urbach im Remstal.

 

Neben vier NaTour-Spaziergängen sind Highlights das "Waldfest" im Sommer mit der neu gegründeten Gruppe "Urbacher Waldpädagogik" und der Waldtag des Rems-Murr-Kreises, bei dem die SDW mit einem Stand und Waldfotografie-Angeboten mit von der Partie war. Außerdem nimmt der SDW-Kreisverband die Gartenschau zum Anlaß den Baum des Jahres, die seltene Auewald-Baumart Flatterulme, bei drei Baumpflanzungen in Winnenden, Korb und Urbach der Öffentlichkeit vorzustellen.

Besuch des Bio-Kunststoff-Produzenten TECNARO in Ilsfeld
Besuch des Bio-Kunststoff-Produzenten TECNARO in Ilsfeld

Nachhaltigen Eindruck machen bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zwei Betriebsbesuche:

Die Firma Tecnaro stellt aus dem Holz-Bestandteil Lignin Bio-Kunststoff-Granulate her, mit Hilfe derer man "so ziemlich alles" herstellen kann, was heute unsere Umwelt und besonders die Meere verschmutzt. Vorteile des patentierten Verfahrens sind die CO2-neutrale Produktion des Granulats und die weitgehende Abbaubarkeit nach Ende der Lebensdauer des Produkts.

Holzlamellen werden zu Brettstapel-Bauteilen verpresst
Holzlamellen werden zu Brettstapel-Bauteilen verpresst

Weiterer Höhepunkt ist der Betriebsbesuch in Schwäbisch-Hall-Sulzdorf bei Schaffitzel Holzindustrie, einem Marktführer spezieller Holzbrücken-Konstruktionen. Besondere Presse-Aufmerksamkeit erzielte 2019 ein Preis für die Fußgängerbrücke Neckartenzlingen und drei Brücken, die anlässlich der Remstal-Gartenschau installiert wurden.

 

Vom Brett über die Roboter-gesteuerte Sortierung und die Verleimung und Verpressung der riesigen Brückenteile führte der Gang durch die Fabrikation in die Abbundhalle, wo jede der äußerst vielfältigen Brettschichtholz-Konstruktionen, von der Brücke bis zum Schönbuch-Aussichtsturm ihren ganz individuelle Feinbearbeitung erfährt.

Selbstredend geht es mit der SDW auch in den Wald:

Die Waldwanderung für Singles, genannt "Single Trail", zu den Natur-Schätzen im Schwäbischen Wald fand auch in diesem Jahr viele Fans. Zwei Kurse "Wald-Fotografie" brachten Menschen "hinter der Kamera" näher an den Wald. Das Format "Mit dem Förster im Wald - im dritten Veranstaltungsjahr bereits "Klassiker" - war mit 50 Teilnehmer/innen sehr gut besucht.  Der Sulzbacher Forstrevierleiter Axel Kalmbach führte auf seinem Themen-Waldspaziergang im Seitenbachtal in die verborgenen Geheimnisse früherer Waldnutzungsformen ein.

Nachwahl

Aufgrund des Ausscheidens des bisherigen Schatzmeisters standen hier und bei der Kassenprüfung Nachwahlen an:  Einstimmig wurden  Dr. Simone Strobl aus Alfdorf als neue Schatzmeisterin und Katharina Schönemann aus Urbach als Co-Kassenprüferin gewählt. Herzlichen Glückwunsch!

Ehrungen

Sechs langjährige SDW-Mitglieder konnte SDW-Vorsitzender Dr. Gerhard Strobel  bei der Mitgliederversammlung 2019 für Ihre Vereinstreue auszeichnen. Besonders hob er die lange Verbandszugehörigkeit der Stadt Murrhardt hervor, die sich bereits seit 70 Jahren zum Schutz des Waldes bekennt. "Der SDW-Bundesverband wurde nach dem Krieg 1947 unter dem Eindruck der Reparationshiebe gegründet, 1947 der SDW-Landesverband," blickte der Vorsitzende zurück. Bereits ein Jahr danach trat die Stadt Murrhardt 1949 der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald bei. "Damit ist Murrhardt praktisch von Anbeginn Mitglied eines der ältesten Naturschutzverbände Deutschlands - lange bevor diese ab den 70er Jahren ins Blickfeld der Öffentlichkeit rückten." Stolze 60 Jahre Mitgliedschaft zählt die Stadt Fellbach, die der SDW als zweite Kommune im Rems-Murr-Kreis beitrat - heute sind es bereits 18 Städte und Gemeinden. Für 30 Jahre Mitgliedschaft wurde Gerhard Obergfell geehrt. Reinhold Sczuka, Gründungsmitglied der SDW Rems-Murr und langjähriger Vorsitzender, ist 25 Jahre Verbandsmitglied und Eckart Kittel trat der SDW Rems-Murr vor 10 Jahren bei. Allen Jubilaren danken wir und gratulieren herzlich!

Die geehrten Jubilare (in Klammern: Jubiläumszahl | von rechts):

Leitender Forstdirektor a.D. Gerhard Obergfell (30) / Urbach, Forstrevierleiter Stefan Baranek (für die Stadt Fellbach (60), Bürgermeister Armin Mößner (für die Stadt Murrhardt (70), Eckart Kittel (10) / Backnang , Bürgermeister Reinhold Sczuka / Althütte (25), links: Vorsitzender Dr. Gerhard Strobel