Hintergrund
Zu Beginn der Wanderung begrüßt der Großerlacher Bürgermeister Christoph Jäger die Wandergruppe.
Als einer der Initiatoren des Bernhard-Drixler-Wegs erzählte er von der Idee dieser Würdigung zum Abschied nach 26 Jahren Naturpark-Geschäftsführung:
Über ein Vierteljahrhundert prägte der ehemalige Geschäftsführer als sprudelnder Ideengeber die Geschicke des Naturparks. Naturparkteller, Brunch auf dem Bauernhof, Naturparkmärkte wie die
Erweiterung des Naturparks ins Limpurger Land waren Meilensteine, die er ersonnen und / oder mitgestaltet hat.
Ob er nicht für die SDW Rems-Murr eine exklusive Wanderung auf dem nach ihm benannten Weg machen wolle. Er wäre nicht Bernhard Drixler, wenn er nicht spontan zugesagt hätte: "Klar doch, das machen wir!" Und so finden an diesem sonnigen "Walpurgis"-Tag rund 15 motivierte Wandererinnen und Wanderer zusammen, um einige seiner Geschichten zu hören.
Da der Weg eigentlich zunächst ins morgendlich kühle Fischbachtal führen würde, entscheidet er spontan, den Weg einfach andersherum zu gehen. Dies erweist sich sehr rasch als kluge Entscheiduing, denn hier oben auf der Großerlacher Höhe scheint die Sonne und erlaubt einen weiten herrlichen Blick ins Land. Hier taucht Wanderführer Bernhard sogleich tief in die Erdgeschichte ein.
Vor Millionen Jahren fand sich just hier ein flaches Meer, in dem sich Sedimente ablagerten: Sande durch die Flüsse und feine Tone in den ruhigen Flachmeeren. Da die sich die Küstenlinie immer wieder verschob, bildeten sich im Laufe der Zeit Wechsellagen von mächtigen Sandsteinen und Tonschichten, die rascher verwittern. Sind sie erodiert, brechen die Sandsteine nach und tragen zum durch schroff eingeschnittene Täler, die "Klingen" zum typischen Landschaftsbild des Schwäbischen Waldes bei. Am Waldrand zeigt er dieses Erosionsphänomen am Beginn einer Klinge, die sich sehr rasch durch die rheinische Erosion tief ins Gelände frisst. "Das sind beeindruckende kühlfeuchte Naturrefugien mit einzigartiger Flora und Fauna", so Drixler.
En passant erklärt er die berüchtigten roten Knollenmergel-Tonschichten, der Graus eines jeden Wegebauers, da diese Erdschichten bei Nässe zu extremen Rutschungen neigen: "Man kann sie an buckeliger Landschaft und schrägen oder krummen Bäumen erkennen." Einen Weg durch einen Knollenmergelhang zu bauen ist nicht selten zum Scheitern verurteilt, da diese Böden praktisch kaum zu befestigen sind und immer wieder abrutschen - ein teures Unterfangen.
Kurz zuvor kommt die Wandergruppe an einem seltsamen Baum vorbei, behangen von allerhand mehr oder weniger ausgelatschtem Schuhwerk, dem "Sandalenbaum". Damit haben die Initiatoren dieses besonderen Wanderwegs eine Eigentümlichkeit des langjährigen Naturparkführers "auf die Schippe genommen": Er, der seinen Naturpark aus zahllosen Wanderungen wie seine Westentasche kennt, war gewöhnlich mit breitkrempigem Hut und Sandalen unterwegs. "Am Sandalenbaum darf sich jeder gerne bedienen und seine Latschen durch ein Paar vom Sandalenbaum eintauschen", schmunzelt Bernhard.
Dann führt der hier noch ebene Weg geradewegs in den Wald hinein.
Hier kann Bernhard Drixler seine berufliche Herkunft nicht verschweigen, ist er doch von Haus aus studierter Forstwissenschaftler. In einem Buchen-Eichen-Wald hält er inne und erklärt den nicht wenig erstaunten Wanderern die mitteleuropäische Waldgeschichte in Kurzfassung:
"Im ausgehenden Mittelalter war der Wald praktisch die einzige Rohstoffquelle". Man nutzte Holz zum Bauen für Häuser oder ganze Schiffsflotten, oder schlicht zum Heizen und Kochen und später als die Energiequelle für die beginnenden Industrialisierung - im Schwäbischen Wald die Glasverhüttung oder die Salzgewinnung im nahen Schwäbisch Hall.
"Denn Kohle, Erdöl oder Erdgas standen damals noch nicht zur Verfügung". Das führte zur großflächigen Waldübernutzung, ja Verwüstung, in ganz Mitteleuropa. "Es gab schlicht kein Holz mehr - die Geburtsstunde der Nachhaltigkeit!" Denn durch die schiere Not kam man auf die Idee der Aufforstung großer kahler Landstriche - und zwar mit den Nadelhölzern Fichte und Kiefer. "Das war damals eine kulturelle Kraftanstrengung und enorme Leistung." Allerdings hatte man nicht voraussehen können, dass diese Reinbestände heute, zumal im immer heißer und trockeneren Klimawandel, enorm labil sind. Immer häufiger und stärker werdende Stürme werfen diese Nadelholz-Monokulturen nicht selten um und die die stehen bleiben, haben Wurzelverletzungen durch die Zugkräfte. "Für den Borkenkäfer ist es nun ein leichtes Spiel, diesen geschwächten Wäldern den garaus zu machen."
Ein Stück des Wegs weiter wies ein Schild auf ein Durchgangsverbot hin: "Eigentlich ist es nach den Waldgesetzen in Deutschland erlaubt, den Wald fast überall zu betreten - im Unterschied zu vielen anderen Ländern. Hier wurde der Weg gesperrt, um einerseits ein wertvolles "Waldrefugium" zu schützen, andererseits Waldbesucher vor der erhöhten Gefahr etwa herabstürzender Äste oder umfallender Bäume zu bewahren. Denn grundsätzlich kann der Waldbesitzer haftbar gemacht werden, wenn - etwa auf ausgewiesenen Wanderwegen - Menschen zu Schaden kommen.
"Für sein Holz kann der Waldbesitzer einen Ertrag erzielen, die meisten anderen Leistungen des Waldes sind unentgeltlich, aber dennoch mit Aufwand verbunden": Bereitstellung von bestens gefiltertem Waldquellwasser etwa, oder der Schutz von Boden und Klima, die Gewährleistung naturnaher Wälder als Lebensraum von unzähligen Tier- und Pflanzenarten, Erholungsraum für Wanderer und verschiedenste Sportarten und vieles mehr.
Dies ist gerade ein großes Thema bei der Vorbereitung der Novellierung der Waldgesetzgebung: "Es wird diskutiert, wie die Gesellschaft diese so genannten Ökosystemleistungen vergüten kann, damit sie auch künftig durch die Waldbesitzer (Staat, Gemeinden, Private) erbracht werden können."
Der "Bernhard-Drixler-Weg" führt die aufmerksam lauschende und diskussionsfreudige Gruppe über eine Wegkreuzung. Der Ex-Naturpark-Geschäftsführer lässt kurzen Halt machen . "Dort unten liegt eine imposante Grotte, nur der Weg über den berüchtigten Knollenmergel ist heute schmierig." Eine kleine Gruppe traut sich den kurzen Abstecher zu.
Nach einer erholsamen und kurzweilige Pause macht sich die Gruppe auf den Weg zurück nach Großerlach durchs idyllische Fischbachtal.
Von hier noch ein paar hundert Meter, dann ist der Ort der Mittagsrast erreicht.
Auf der berühmten "Lümmelwiese" des weithin bekannten Kleinkunsttheaters "Kabirinett" werden Wurst und Brot ausgepackt.
Thomas Weber, Intendant und Eigner des Theaters, begrüßt die Gäste höchstpersönlich und schenkt Getränke aus.
Vor dem Abstieg ins Tal führt der Weg am "Bernhard-Drixler-Blick" vorbei - ausgestattet mit einer bequemen Liege mit Fernblick auf die Höhen des Schwäbischen Waldes.
Dass es im Schwäbischen Wald auch versteinertes Holz zu finden gibt, ist den wenigsten bekannt. "In manchen der Keuperschichten werden mit der Erosion "Holz"-Stücke aus Gesteinsschichten freigewaschen, die im Laufe der Jahrmillionen verkieselt worden sind, also von Holz zu Stein wurden," weiß Bernhard -Drixler an einer dafür aufgestellten Hinweistafel zu berichten.
Endspurt: Aus dem Fischbachtal geht es nun zügig bergan. Oben am Waldrand schließt sich die Rundwanderung.
Dort am Ziel der Wanderung lockt die Großerlacher Wirtschaft "Silberstollen" die müden Wanderer zu einen geselligen Abschlusshock bei Kaffee und leckerem Rhabarberkuchen.