Allem ist ein Kraut gewachsen ...

Die Wilde Feuerküche - Heilkraft aus dem Wald - ein Besuch am Kräuterzentrum Wasenhof


 

Brennnessel, Wegerich, Löwenzahn, und Giersch -  welchen Gartenbesitzer haben diese (Un?)Kräuter nicht schon zur Verzweiflung getrieben. Einen ganz anderen Blick vermittelt ChrisTine Pommerer vom Kräuterzentrum Wasenhof auf Kräuter aus Wald und Wiese. Im Rahmen des Jahresmottos "Waldbaden - Wald & Gesundheit" steht  "Die Wilde Feuerküche" auf dem SDW-Rems-Murr-Programm.

 

Im heißen Olivenöl mit etwas Butter braten über dem offenen Feuer allerhand Köstlichkeiten: Gebratene Spitzwegerich-Lanzen, Brennnessel-Chips, in Kohldistel-Päckchen eingerollter Schafskäse,  Beinwell-Filets, Kartoffelscheiben mit Tannen-Spitzen, Gefüllte Käsetaschen aus Alantblättern,  dazu frische Tomaten, Möhren, Champignons, Knoblauch und Zwiebeln. Wem jetzt noch nicht das Wasser im Munde zusammenläuft, der hat den verführerischen Duft der Wilden Feuerküche noch nicht in der Nase gehabt. Das sollte das Ergebnis des abendlichen Streifzugs durch Wald und Kräutergarten am Wasenhof sein.

Bis dahin ist aber noch ein gutes Stückchen "Team-Arbeit" gefragt, erklärt ChrisTine Pommerer. Das bedeutet: Kräuter sammeln, Feuerholz sammeln, Feuer entfachen und die Zutaten zuzubereiten. Dass dazu noch eine gute Portion Arbeitsorganisation gehört, werden die Teilnehmer/innen später erfahren.

Auf dem Weg in den Wald mangelt es nicht an Anschauungs- und Probiermaterial - im hauseigenen Kräutergarten, auf der Wiese, am Waldrand. "Beginnen wir mit dem Giersch," schmunzelt die Kräuter-Expertin.


Die Erfahrung sagt ihr wohl, dass die meisten diesen meist unwillkommenen Gartenbewohner aus eigener Anschauung kennen. Welchen aber für die Kräuterküche nehmen? "Wir nehmen die jungen Blätter, die ledrig glänzen. Auf die Größe dürfen wir uns dabei nicht verlassen, denn auch alte Blätter können klein sein." Ab in den Kräuterkorb ...

Im Kräutergarten finden sich für die Mahlzeit auch Spitzwegerich, Alant, nach Honig riechende Distelblüten.  Am Rand stehen auch Brennnesseln, "das Universalkraut" schlechthin, das als Spinat, Beilage oder Suppe zubereitet werden kann. Die Samen sind lecker und beliebte Würzmittel. Beim Sammeln muss man auf die Brennhaare achten, die dieser Pflanze den Namen gegeben haben. "Gefahrlos" sammelt man, wenn man von unten nach oben beherzt und fest anfasst, so brennen sie nicht. "Und wenn's doch mal brennt, lindert das Einreiben mit einem Wegerichblatt sofort",  lautet der Ratschlag aus der Kräuterapotheke.

Weiter führt der schmale Waldrand-Pfad an einer Brombeer-Hecke vorbei. Die Blätter ergeben einen aromatischen Tee, frisch, getrocknet und auch fermentiert (schmeckt dann wie Schwarztee). Die Blätter, die Vitamin C und Gerbstoffe enthalten , werden als Heilmittel bei Entzündungen im Mund und Rachenbereich verwendet.

Gleich dahinter steht am Wegesrand eine mächtige Winterlinde, "an den braunen Haarbüschelchen in den Blattnervenachseln von der Sommerlinde zu unterscheiden. "Bei der Linde können wir fast alles verwenden," so ChrisTine Pommerer. "Lindenblütentee kennen die meisten. Er wird bei Erkältungskrankeiten getrunken, ist schweißtreibend und Hustenreizmildernd."  Dass man aber auch Blätter und Knospen einfach so vom Baum essen kann, überrascht dann doch manche. Spricht's und steckt sich gleich welche in den Mund. Erst mach längerem Kauen und Einspeicheln spürt man den hohen heilenden Schleimanteil der Knospen, jungen Blätter und Blüten. Er wirkt lokal beruhigend und entzündungshemmend und gut bei Sodbrennen.

Gleich dahinter geht es in den Wald, vorbei an Tannen und Fichten. ("Die Fichte sticht, die Tanne nicht!") Übrigens: Haben Sie schon mal eine Tannennadel auf die Zunge gelegt, die Augen geschlossen und abgewartet, was passiert?

Zuerst nichts und dann wird es Weihnachten. Denn die ätherischen Öle duften und schmecken wie der Weihnachtsbaum. Wichtigste Erkenntnis hier: Keine Eile. "Erst luuuutschen, dann einmal draufkauen, dann wieder luuuutschen," lacht die Kräuterfee. Mancher, dem es nicht rasch genug geht, bringt sich um das Geschmackserlebnis. Natur richtig genießen will eben gelernt werden.

Schließlich: Erster Team-Test: Trockenes Holz im regennassen Wald sammeln. "Am besten sind die feinen Ästchen von Nadelbäumen, die am schnellsten brennen." Natürlich braucht es auch größere Äste, damit das Feuer später genug Nahrung hat. Ganz nebenbei gibt es eine Einführung, auf welche Weise ein Feuer an einer Feuerstelle entfacht werden kann.

Diese Übung klappt reibungslos und zügig, damit der Kräuter-Mahl-Zubereitung nichts mehr im Wege steht.

Nun geht es richtig zu Werke: Kräuter werden geschnitten, Frischkäse in Blätter gerollt, Kartoffeln mit Tannenzweig-Spitzen gewürzt und in die Pfanne geschichtet. Der "Feuermeister" in der Gruppe war zwischenzeitlich erfolgreich und sorgt nun für die richtige "Herd-Temperatur".

Bei der Zubereitung der vielen "Gänge" ist nun perfekte Organisation gefragt, dass keine dem anderen im Wege steht oder gar noch ins Feuer fällt. Die Feuertopf-Koordinatorin sorgt dafür, dass der schalenförmige Eisentopf beim Kochen immer in Bewegung bleibt und auch regelmäßig wieder vom Feuer genommen wird, damit nicht alles verkohlt. Zwei bis drei andere schichten die zubereiteten Kräuterspezialitäten in den Topf, eine weitere Köchin sorgt dafür, dass immer genug Olivenöl im Topf ist, dazu ein Stückchen Butter als "Hitzewächter", denn wenn die Butter braun wird, ist die Maximalhitze erreicht.

Professionell, fast wie in einer Großküche, werden die Speisen auf den Punkt gegart und dann durch andere Gänge ersetzt. "Da man in der Feuerküche nur einen Topf hat, muss alles gut durchdacht sein," erklärt ChrisTine Pommerer.

Naschen ist natürlich erlaubt und so werden die knusprigen Wegerich-Lanzen und Brennnessel-Chips schon vor dem Essen mit großem Genuss verputzt.

Es dämmert schon, als das Kräutermahl, schön auf Tellern angerichtet, auf dem langen Holztisch unter Bäumen auf die Freiluft-Gourmets wartet. Auch für die Getränke ist gesorgt; es gibt unterschiedlichste Kräutertees und Natur-Cocktails. Und als Dessert stand - mit einem Augenzwinkern - noch etwas Exotisches auf der Speisekarte: gebratene Bananen mit geschmolzenen Schoko-Stückchen darin - ausnahmsweise nicht aus dem Kräuter-Sammelkorb.



Teil des 5-gängigen "Feuer-Küchen"-Menüs

 

Zum Abschluß ein Bild für's "Kopfkino" für alle, die nicht dabei sein konnten:  Beim spätabendlichen, gemütlichen Kräuterfestmahl sind die Vögel bereits "schlafen" gegangen und die Teilnehmer/innen genießen in der Dämmerung die unvergleichliche und für manche auch ungewohnte Stille mit eindrucksvoller Aussicht auf die Höhen des Schwäbischen Waldes - von hier oben auf dem Wasenhof.

 

Rezept

Ein kleines, garantiert leckeres Rezept aus der Kräuterküche:

ChrisTines gebratene Lanzen

  • Zutaten:

Junge Wegerichblätter, Ei (es geht auch nur Eiweiß), etwas Vollkorn-Paniermehl / geriebenes trockenes Brot

  • Zubereitung

Junge Spitzwegerich-Blätter durch das geschlagene Ei ziehen und in Paniermehl wenden. Die panierten Blätter ganz kurz im heißen Fett (Olivenöl mit Butter) von beiden Seiten goldgelb braten. Gut zu Salat oder als Vorspeise mit Kräuterdips serviert - oder einfach so knabbern.

Wenn Ei und Paniermehl übrig sind, so kann man daraus mit ein paar Kräutern und vielleicht Zwiebeln und Gemüse (was man gerade hat) einen kleinen Bratling machen - der auch gut zu den Lanzen schmeckt.

Kontakt

Kräuterzentrum Wasenhof

ChrisTine Pommerer
71577 Großerlach – Wasenhaus

Tel 07192 207 69
eMail: kraeuterzentrum-wasenhof@gmx.de

Web:  https://www.kraeuterzentrum-wasenhof.de/