Geschichten ums magische Sonnwendfeuer

SDW Rems-Murr feiert die längste Nacht des Jahres

 

Im fünften Jahr veranstaltet die SDW Rems-Murr auf dem Waldjugendzeltplatz Häuptleswiese bei Kaisersbach die Wald-Wintersonnwende. Bei Glühwein, Punsch und kleinen Leckereien erzählt Astrid Szelest rund ums wärmende Sonnwendfeuer von schönen und schaurigen Geschichten aus alten Zeiten im Schwäbischen Wald. Mit Ihr feiern 60 Waldfreundinnen und Waldfreunden diese längste Nacht des Jahres.

 

Schon früh sind Astrid und ihr Ehemann und Feuermeister Rüdiger Szelest zum Waldjugendzeltplatz gekommen, um alles hübsch und einladend herzurichten. Der Weg zum Feier- und Feuerort ist mit kleinen roten Kerzenlichtern stimmungsvoll markiert.


Auf dem Waldjugendzeltplatz warten schon ein großer Topf mit heißem Glühwein und  Punsch auf die Gäste, die vom Vorsitzenden des SDW-Kreisverbands, Dr. Gerhard Strobel, begrüßt werden. Er nutzt die Gelegenheit, um das druckfrische Jahresprogramm kurz vorzustellen und auch auf das Thema des Jahres einzugehen: Der Wald im Wandel. Die Anwesenden brauchen sich gar nicht erst von der Stelle zu bewegen, um den kranken Zustand insbesondere der älteren Bäume zu erkennen. "Darum werden wir 2020 bei mehreren Veranstaltungen darüber aufklären, wie es dem Sorgenkind Wald nach den vergangenen Dürrejahren geht. Denn der Wald braucht unsere Aufmerksamkeit und Fürsorge heute mehr denn je."

Mit Einbruch der Dämmerung kommt der Augenblick, an dem Rüdiger Szelest die Holzpyramide anzündet. Da das Feuer anfangs scheinbar nicht so recht brennen will, müssen die großen und die kleinen Feuergeister mit einem  Lied  von der kleinen Flamme nachhelfen. Und siehe da, das hilft und bald lodert das Feuer mannshoch. Bühne frei also für Lagerfeuergeschichten und für Astrid Szelest:

 

"Die Wintersonnenwende fällt in diesem Jahr auf den 22. Dezember. Genau um 5.19 Uhr mitteleuropäischer Zeit hat die Sonne ihren südlichsten Punkt auf dem südlichen Wendekreis erreicht. An keinem anderen Tag des Jahres steht die Sonne zur Mittagszeit niedriger am Horizont. Viele Kulturen haben diese längste Nacht des Jahres gefeiert. Alban Arthuan, das Licht des Artus, so haben die Kelten die Rückkehr des Lichts genannt. In dieser tiefsten und dunkelsten Nacht hält die Erde kurz im Atmen inne und beginnt dann mit dem Ausatmen. Ruhe und Stille herrschen in der Natur. Winterwinde haben die Bäume kahl gefegt, Frost zuckert die Erde. Hier auf der Häuptleswiese, fernab von Kommerz und Weihnachtstrubel, genießen große und kleine Menschen die Faszination des Feuers und lauschen den Geschichten aus vergangener Zeit.

 

Um die längste Nacht des Jahres, die Thomasnacht, ranken sich allerhand  Legenden: "Diese Nacht ist der Beginn der magischen Rau- und Rauchnächte. Man erzählte sich früher, dass die Tiere im Wald und in den Ställen sprechen können. Wer noch keine Liebste oder keinen Liebsten hat, kann in der Thomasnacht auf einer Wegkreuzung in einem Spiegel in die Zukunft blicken und sie oder ihn erblicken. Wenn man in der Sonnwendnacht verkehrt herum im Bett schläft erfüllen sich die Träume. Aber Achtung. Der Schleier zwischen den Welten ist in diesen Tagen besonders dünn. Schauerliche Gestalten sind in den Raunächten unterwegs.Zwischen Heiligabend und Dreikönig soll keine Wäsche gewaschen und aufgehängt werden. Die Gefahr, dass sich verlorene Seelen in den Bettlaken verfangen, ist zu groß. Salz und Knoblauch schützen vor bösen Geistern und Unheil.

Früher saßen die Menschen in der Winterzeit zusammen in der Küche, haben sich bei Kerzenlicht oder im Schein der Petroleumlampe schaurige Geschichten erzählt. Der Hexenglaube war auch im Schwäbischen Wald präsent. Rund um Kaisersbach, so erzählten es die Alten, gab es mehrere Hexen. Ein Hexenbanner konnte ihnen Einhalt gebieten. Irrlichter machten den Menschen Angst. Dabei war es nur die „Zünde“, ein brennenden Forchenspan, der als Leuchtmittel in dunklen Nächten auf dem Heimweg diente. Wollte der Span ausgehen, machte der Träger kreisende Bewegungen um das Feuer wieder zu entfachen, was ziemlich gespenstisch aussah. Im Welzheimer Tannwald geht der alte Oberamtmann um. Er reitet auf einem Schimmel und trägt den Kopf unter dem Arm. Die „Fröschbachwäschere“, eine Wäscherin die ihr Kind ertränkt haben soll, soll zwischen Schafhof und Aichstrut umgehen." Aus Kindertagen kennt Astrid Szelest viele dieser Geschichten, die ihr ihre Großmutter erzählte.

Die kommenden Feiertage und der Jahreswechsel bieten die Möglichkeit zur Ruhe zu kommen. Astrid Szelest lädt die Besucher ein, raus zu gehen - alleine, mit der Familie oder mit Freunden den Wald und die Natur zu genießen und die Seele baumeln lassen. Weniger ist mehr.


Hinweis:
Im kommenden Jahr 2020 wird es anstatt dem Sonnwendfeuer auf dem Waldjugendzeltplatz eine Sonnwend-Wanderung in die längste Nacht des Jahres hinein geben. Am Ende werden alle Mitwandernden mit einem heißen Punsch am Feuer belohnt.