Exkursion zum Thema Totholz


Forstdirektor Martin Röhrs (links) und Revierleiter Ulrich Graf (Mitte) zeigen die praktische Umsetzung des Alt- und Totholzkonzepts
Forstdirektor Martin Röhrs (links) und Revierleiter Ulrich Graf (Mitte) zeigen die praktische Umsetzung des Alt- und Totholzkonzepts

Welche Rolle spielt Biodiversität bei der Waldwirtschaft? Wie wird auf "Totholz als Lebensraum" geachtet?

 

Dies waren die zentralen Diskussionspunkte einer Exkursion des Landesnaturschutz-verbands (LNV) Rems-Murr und des Kreisforstamts Rems-Murr im Revier Goldboden bei Schorndorf-Manolzweiler, an dem die SDW neben anderen Naturschutzverbänden am 24. Juli 2013 teilgenommen hatte.

Forstdirektor Dr. Hermann Riebel erläutert ein "Waldrefugium"
Forstdirektor Dr. Hermann Riebel erläutert ein "Waldrefugium"

Gemeinsam begrüßten der Leiter der Kreisforstbehörde Martin Röhrs, Forstdirektor Dr. Hermann Riebel und Revierförster Ulrich Graf zusammen mit dem LNV-Vorsitzenden des Rems-Murr-Kreises Robert Auersperg die Teilnehmer. Einleitend wurden verschiedene Säulen des Artenschutzes im Wald vorgestellt:

  • die Artensteckbriefe der Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg, die gefährdete Arten, deren Vorkommen und erforderliche Schutzmaßnahmen generell beschreiben,
  • die Managementplanung in Natura 2000-Gebieten, die in diesen Schutzgebieten Fachkonzepte zum Artenschutz erstellt, die in der mittelfristigen Forstplanung berücksichtigt werden,
  • das Artenschutzprogramm des Landes Baden-Württemberg, ein "Feuerwehrprogramm" zum Schutz hochgradig gefährdeter Arten und
  • das Alt- und Totholzkonzept (AuT) für den Landesbetrieb ForstBW, der der eigentliche Schwerpunkt der nun folgenden Waldexkursion war:
Diskussion in einer "Habitatgruppe"
Diskussion in einer "Habitatgruppe"

Dr. Riebel unterstrich, dass der Artenschutz seit langem fester Bestandtteil der nachhaltigen Naturnahen Waldwirtschaft sei. Das AuT-Konzept allerdings machten die forstlichen Anstrengungen auch für Aussenstehende transparent und meßbar. Das Konzept unterscheide drei Schutzkategorien: Bekannte Großhöhlen-Bäume mit Nist- und Schlafhöhlen, etwa des Schwarzspechts oder von Fledermäusen seinen durch das Bundesnaturschutzgesetz unmittelbar geschützt. Sie bildeten denn nicht selten den Kristallisationskern von so genannten "Habitatgruppen", beieinanderstehende Bäume mit besonderer Habitatstruktur, also besonderer Lebensraumqualität für seltene oder gefährdete Arten. Als größte Einheit werden "Wald-Refugien" ausgewiesen, auf Dauer ausgerichtete Waldbestände oder Bestandesteile, die der natürlichen Entwicklung überlassen werden und in denen lediglich Verkehrssicherungsmaßnahmen durchgeführt werden.

Forstdirektor Röhrs schilderte, dass diese geschützten Waldeinheiten kartografisch dargestellt werden und im Rahmen der zehnjährigen Forstplanung ausgewiesen und kontrolliert werden. Er zeigte aber auch die Kehrseite dieser Medaille Artenschutz auf: Die Ausweisung von Habitatbäumen, Baumgruppen und Waldrefugien bedeuteten für den Waldbesitzer eben auch Nutzungsverzichte in bedeutendem Umfang. Auf den avisierten 5% der Waldfläche, die dergestalt geschützt werden sollen, kann künftig kein Holz als Rohstoff mehr genutzt werden. -Dies bedeutet, dass der "Wert des Naturschutzes" gegen den "Wert des regernativen Rohstoffes Holz" abgewogen werden müsse. Doch die notwendige Abwägung der jeweiligen Wichtigkeit von Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion sei schon immer ein Charakteristikum multifunktionaler Waldwirtschaft gewesen.

Martin Röhrs hob aber noch ein anderes Dilemma des forstlichen Alltags hervor: "Wenn wir Totholz im Wald belassen, monierten Waldbesucher, dass der Wald "unaufgeräumt" aussehe. Wenn man jedes Stück Holz verwerte, beanstandeten dies zurecht die Naturschützer. Deshalb appellierte er an die Teilnehmer, ihn ihren Verbänden hier Öffentlichkeitsarbeit zu leisten.

Absterbende Eiche: Tod ermöglicht Lebensvielfalt
Absterbende Eiche: Tod ermöglicht Lebensvielfalt

Forstrevierleiter Graf zeigte den Naturschutzvertretern schließlich, wie die Ausweisung der geschützten Lebensräume in der Praxis funktioniert. In Habitatgruppen kennzeichnet er alle größeren Bäume mit einem deutlich sichtbaren "H" (für Habitatbaum), um den Forstwirten, die den Wald pflegen, eine unverkennbare Hilfestellung zu geben. Waldrefugien werden, ähnlich wie Naturschutzgebiete oder Bann- und Schonwälder mit speziellen Schildern gekennzeichnet.

 

Robert Auersperg bedankte sich bei den Forstbeamten für die eindrucksvolle Präsentation und die Offenheit, mit der über Artenschutz und die dazu notwendigen Schritte vor Ort diskutiert werde. Er unterstrich, was sich wohl alle Teilnehmer dachten: Wir müssen miteinander und nicht übereinander reden, wenn es um Naturschutz vor Ort geht, um Argumente und Vorgehensweisen besser zu verstehen.