Bei windigem Spätherbstwetter wollte sich bei der 4. Single-Trail-Wanderung 2019 zunächst noch keine richtige Vorweihnachtsstimmung einstellen. Der guten Wanderlaune der rund 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmern tat das jedoch keinen Abbruch, gab es doch im einzigartigen Leintal und Umgebung im Süden des Naturparks vieles zu entdecken und zu genießen.
Startpunkt war der Parkplatz am Leinecksee zwischen Alfdorf und Pfahlbronn. "Der Biber ist los", verkündete Wanderführer Uwe Hiller, selbst Biberbeauftragter und -fachkundiger. "Es geht nun darum, die Spuren seines Daseins zu entdecken."
Also pirschte die Gruppe den Leinecksee und das Flüsschen Lein aufwärts. Es mag an den gleich von Beginn an angeregten Gesprächen gelegen haben, jedenfalls fand zunächst keine/r aus der Gruppe etwas, was auf die Anwesenheit des Pelztiers schließen liesse.
"Vor langer Zeit war der Biber bei uns heimisch," berichtet Uwe Hiller. "Dann aber wurde er systematisch ausgerottet." Zum einen "störten" die ausufernden Biberdämme, zum anderen galt der Biberschwanz früher nicht als Fleisch, sondern als Fisch und war deshalb auch an den heiligen Freitagen zum Verzehr geeignet und deshalb begehrt. "Wer kennt nicht die Wildwest-Trapper mit ihrer Biberfell-Mütze," so der Wanderführer weiter. Ähnlich war natürlich auch das wärmende Biberfell bei den Jägern begehrt. Bei Apothekern stand"Bibergeil", ein Drüsenfett, wirksam als natürlich vorkommende Salicylsäure, chemisch dem Aspirin eng verwandt . Es wurde gegen Schmerzen, Schwindsucht und als blutverdünnendes Mittel eingesetzt.
Mit etwas Nachhilfe der Biberfachmanns waren plötzlich sehr viele Biberspuren deutlich zu erkennen. Eine Art schräger Rinne in die Lein erklärte Uwe Hiller als Biberausstieg, denn das behäbige Tier kann ja schwerlich aus dem Wasser springen. Dort drüben: ein angenagter Baum wie aus dem Lehrbuch, gleich in der Nähe: eine gefällte Weide.
"Die Biber haben am Holz kein Interesse. Wenn Sie Bäume fällen, denken sie dabei an die leckere und nahrhafte Rinde, die sie über den Winter bringt." Natürlich geht es ihnen dabei auch darum, Wasser anzustauen, um unter Wasser sicher zu ihrer Wohnhöhle zu kommen. "In größeren Gewässern leben die Biber in Höhlen in den Böschungen. Nur wenn das Gelände zu flach und die Böschung zu niedrig ist, bauen sie die bekannten Biberburgen." Was auch heute beim Wiedereinwandern des Bibers mitunter für Ärger mit den Besitzern angrenzender Grundstücke führt. "Aber der Biber ist heute streng geschützt," unterstreicht der Biber-Experte.
Mit der Abzweigung ins Eisenbachtal, einem Zulauf ins Leintal, verschwinden die Biber-Spuren. Bis hierher ist er offenbar noch(!) nicht gekommen. Die malerischen Bach-Mäander aufwärts gelangt die Wandergruppe zur Meuschenmühle, eine von 13 Mühlen entlang der Mühlenwanderwegs und dazu noch diejenige mit dem größten Mühlrad mit einem Durchmesser von sage und schreibe 7,87 Metern. Dr. Gerhard Strobel, der die Wanderführung von Uwe Hiller nun übernommen hat, erklärt die Bedeutung der Mühlen in früheren Jahrhunderten (siehe Kasten)
Unmittelbar nach der Meuschenmühle wartet ein weiteres Highlight auf die Wanderer: Eine Teilnehmerin lädt zu einer kleinen Rast bei sich zu Hause bei einem leckeren Himbeergeist ein (der genaue Ort sei hier natürlich nicht verraten).
Über Äcker geht es auf der anderen Seite des Hochplateaus von Mannholz wieder in den Wald hinein, über rutschigen Knollenmergel-Ton, aber über unglaublich weiche Moospolster. "Schönes Widertonmoos, Etagenmoos, Torfmoos" - manche/r hatte bis dato gar nicht geahnt, wie vielfältig das scheinbar so homogene Moospolster im Wald sein kann. "Und jedes Moos erzählt uns etwas über den Waldstandort, ober er trocken oder tropfnass, nährstoffreich oder sauer ist," erklärt Förster Strobel.
Im idyllischen Leintal angekommen, meint es Petrus nicht mehr ganz so gut mit den Wandernden, denn er schüttet ungerührt eine geschlagene Stunde die volle himmlische Gießkanne über dem Grüppchen aus. So mit sich selbst, dem Trockenbleiben und dem baldigen Ankommen am Ziel beschäftigt, bleibt kaum Muße, das einzigartige Naturschutzgebiet "Leintal zwischen Leinecksee und Leinhäusle" mit seinen seltenen Pflanzen- und Vogelvorkommen und seiner absoluten Stille gebührend zu würdigen.
Überraschung: Am Ende des Tunnels (sprich: Single Trails) wartet bereits Uwe Hiller und Forstwirt Biber - er heißt , passend zum Exkursionsthema, tatsächlich so - mit einem am offenen Feuer gekochten Gemüseeintopf und einem heißen Punsch. Kann ein Single Trail schöner enden?